Interview

"Geht nicht gibt`s nicht."

Im Gespräch mit Pressefotograf Christof Sage

Wollte ich alle Stars und Sternchen aufzählen, die Christof Sage schon fotografiert hat, säße ich vermutlich noch in zwei Stunden an dieser Aufzählung. Bill Clinton, Arnold Schwarzenegger, Morgan Freeman, ...- sogar Papst und Queen. Und natürlich sämtliche Bekanntheiten aus Deutschland – Angela Merkel, Thomas Gottschalk, Boris Becker, und und und. An den Schultergurten seiner Kameras hängen hunderte von Eintrittsbändchen von all den großen Veranstaltungen, die er als Pressefotograf besucht hat. Jahrelang war er für Magazine unterwegs, um die berühmtesten Menschen dieser Welt abzulichten. Jetzt hat er sein eigenes Hochglanzmagazin herausgebracht – „Sage“. Wir haben uns in seinem Zuhause in Filderstadt getroffen.

Mensch, Christof, es gibt so viele, die Top-Fotograf werden möchten. Nur die Allerwenigsten schaffen es – warum hast du`s geschafft?

Sowas muss wachsen. Du fängst mit zwanzigmal an, in Veranstaltungen reinzukommen. Irgendwann sehen dich die Leute immer öfter, wenn du dich optisch und menschlich gut verkaufst. Das dauert aber Jahre. In den 70er Jahren war ich bei den wichtigsten Events dabei. Dann wirst du gebucht. In den 80er Jahren habe ich bei der Fernsehshow „Wetten, dass...“ Weltstars fotografiert. Ich habe bei null angefangen. Mir wurde nichts geschenkt, ich habe nichts geerbt, habe mir alles selbst hart erarbeitet – mit sehr viel Fleiß.

Hättest du mit zwanzig gedacht, dass du mal Leute wie Bill Clinton fotografierst?

Nein, ich wusste nur, dass ich mit sechzig ein Haus und einen Porsche möchte. Ich rate jungen Menschen immer: Ihr braucht ein Ziel vor Augen: Wo wollt ihr mit 60 sein? Ihr müsst euch das Leben einteilen - was macht ihr von 20 bis 30, von 30 bis 40? Bevor ihr eine Ausbildung beginnt, überlegt euch: Habe ich eigentlich Spaß an dem was ich mache? Es geht nicht ums Geld, du brauchst Liebe dafür. Mir macht es Freude, mit Menschen zu arbeiten. Ich habe in hundert Ländern auf der Erde gearbeitet. Das musst du als Fotograf erstmal schaffen. Das hat funktioniert, weil ich doppelt so viel gearbeitet habe, als die anderen, jeden Tag 17 Stunden. Du musst sehr viel Fleiß aufbringen – aber das kommt dann alles zurück.

"Es geht nicht um`s Geld. Du brauchst Liebe dafür."

christof sage
christof sage
Warum hast du dir People-Fotografie als Spezialität ausgesucht? Du hättest ja auch sagen wir mal Landschaftsfotografie machen können?

Ich liebe die Menschen. Die Presse betitelt mich gerne als Promi- oder Star-Fotograf, aber eigentlich bin ich Kommunikationsfotograf, People-Fotograf – ich fotografiere Menschen. Und Kommunikation ist dabei wichtig: Du muss mit den Leuten erstmal ein Warm-up machen. Du kannst dich nicht einfach hinstellen – „so jetzt geht`s los“. Sondern, du musst die Leute auflockern. Erst wenn du das geschafft hast, kann`s losgehen. Du solltest mich mal sehen, wenn ich im Ausland fotografiere: Ich verstehe die Sprache oft nicht, mache einen Witz daraus und die anderen verstehen mich sofort.

Du fotografierst ja Menschen, die nicht unbedingt wie Models aussehen, aber auf Fotos möglichst gut aussehen müssen – schließlich stehen sie in der Öffentlichkeit. Bist du da viel am Retuschieren?

Zeit für Retuschieren habe ich nicht. Ich habe Aufträge, da mache ich 400 Portraits an einem Tag – von morgens bis abends. Da hast du für jeden 30 bis 60 Sekunden, zwei Sätze. Ich führe Regie, halte kurz Small-Talk, sage schon mal „Steh so oder so“ – dann, zack – Foto. Das ist eine andere Art zu fotografieren, als man es für gewöhnlich kennt. Das macht Spaß, aber das können wirklich nur wenige Fotografen. Dafür werde ich gebucht – die Leute wissen: wenn Sage da ist, läuft`s.

Klingt super – aber ja, auch nach Druck...

Bei mir muss es schnell gehen. Die Kamera ist voreingestellt – ich habe keine Zeit, noch Sachen einzustellen. Der Motor muss laufen. Der Fotograf Helmut Newton fragte mich mal auf einer Veranstaltung: „Warum verwendest du Blitz? Das brauchst du doch nicht - schau, ich fotografiere mit dem Licht, das da ist“. Aber er ist kein Auftragsfotograf. Er war da zum Vergnügen, nicht um Auftragsarbeit abzuliefern. Bei mir geht es um Schnelligkeit. Bei einem Pferderennen muss ich 200 Paare durchfotografieren, muss auf jeden zugehen, muss beobachten, wer gehört zu wem, wann ist wer an welchem Tisch. Da musst du schnell handeln, alles muss zack-zack gehen, das ist eine ganz andere Arbeit. Ich muss volle Leistung bringen. Und nach zwei Stunden ist es vorbei. Solche Events machen mir Spaß – da bin ich in Action, ganz in meinem Element.

Hast du ein Karriere-Highlight, ein Foto, über das du dich besonders freust?

Sowas habe ich nicht. Für mich ist jedes Foto wichtig. Ich habe tolle Veranstaltungen mitgemacht und bin dafür sehr dankbar. Wenn ich mir Ziele setzte, verwirkliche ich sie. Geht nicht gibt`s nicht.  Manchmal braucht es drei oder vier Anläufe. Es hat Jahre gedauert, um die richtigen Leute kennenzulernen, um Akkreditierungen für Veranstaltungen wie die Golden Globes zu bekommen. Aber darin liegt der Reiz. Wenn man etwas wirklich erreichen will, dann erreicht man es auch. Aber nicht, wenn man etwas halbherzig macht - dann schafft man`s nie. Für das selbständige Arbeiten muss man geboren sein, das liegt nicht jedem.

Du hast deine Karriere ja noch mit Film begonnen. Wie hast du den Wechsel zur Digitalfotografie erlebt?

Digitalkameras haben meine Arbeit zum Positiven verändert. Erst wollten wir den Wechsel nicht mitmachen, aber schon nach einem halben Jahr haben wir unsere erste digitale Kamera für 16 000 Euro gekauft. Da machst du heute mit dem Handy bessere Bilder, als damit. Bei den Delegationsreisen mit Helmut Kohl und Erwin Teufel wollte die dpa jeden Tag Fotos. Ich musste oft Filme mit Eskorte-Fahrzeugen transportieren – und habe in der Zeit dann vor Ort gefehlt. Digital geht alles viel schneller und unkomplizierter.  

"Wenn man etwas wirklich erreichen will, dann erreicht man es auch. Aber nicht, wenn man etwas halbherzig macht - dann schafft man`s nie."

Das ist ein ganz schön großer Vertrauensbeweis, wenn dich Leute wie der ehemalige Bundeskanzler zu Reisen mitnehmen...

Über mich wurde geschrieben: „Diskretion ist seine Lebensversicherung“. Wenn du mit bekannten Menschen unterwegs bist, hörst und siehst du viel Vertrauliches. Bis zum heutigen Tag gilt mein Ehrenwort. Egal welche vertraulichen Sachen ich höre oder sehe, ich würde damit nie an die Öffentlichkeit gehen. Das können die Wenigsten – es gibt ja Leute, die für 50 Euro Geheimnisse verraten oder Bilder verkaufen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.

Und jetzt gibt`s einen neuen Meilenstein in deiner Karriere: du hast dein eigenes Magazin „Sage“ herausgebracht!

Du musst dir immer neue Sachen einfallen lassen. Dich immer fragen: wo liegen meine Stärken? Und die ausarbeiten. Neue Ideen haben. Wo kann ich meine Art von Arbeit an den Mann bringen? Bei uns Presse-Fotografen sind wegen Corona seit einem Jahr alle Events abgesagt, alles nur noch online, nichts mehr zu fotografieren. Daher habe ich mir gedacht: wenn ich nicht fotografieren kann, lasse ich fotografieren und gebe mein eigenes Magazin „Sage“ heraus. Die ganze Zeit herumliegen und Büro aufräumen, das ist nichts für mich. Das Magazin ist ein Erfolg – fast alle Exemplare sind verkauft und ich muss bereits nachdrucken.

Das Sage Magazin findest du unter diesem Link: www.issuu.com/sage-magazin

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Über die Autorin: www.business-fotografin.com

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