Interview

Dar Leone

Im Gespräch mit Designerin Isatu Funna von Dar Leone London

Dar Leone heißt die Marke und der Shop von Londonerin Isatu Funna. Sie entwirft farbenfrohe, Sierra-Leone-inspirierte, elegante Dinge für`s Zu Hause. Isatu bringt viel ein: einen reichen Schatz an Erinnerungen an ihre Kindheit in Freetown in Sierra Leone, die Erfahrungen aus ihrer Karriere als Rechtsanwältin in Amerika und die als Mutter zweier Töchter. Und natürlich die Kreativität, die in ihre Marke Dar Leone fließt. Wir haben uns zu einer Fotosession in ihrem Shop im Londoner Stadtteil Islington, London, getroffen.

Isatu, du warst mal Rechtsanwältin in Amerika! Und jetzt, ein paar Jahre später, sitzt du in deinem Shop in London - umgeben von deinen eigenen Entwürfen. Das ist eine Story, die ich vielleicht in einem fiktiven Roman erwarten würde… Hättest du diese Entwicklung für möglich gehalten als du Jura studiert hast?

Ich muss sagen: Nie im Leben! Als ich begonnen habe, Jura zu studieren, dann tat ich das mit dem festen Vorhaben, dass ich mein Studium beenden und dann in einer Rechtsanwaltsfirma anfangen würde – und das war`s. Aber das Leben hält sich oft nicht an Pläne. Als ich meine beiden Töchter bekam, wollte ich eine Auszeit nehmen und ich war glücklicherweise in Position, die mir das ermöglichte. Ich fing an, Bereiche zu entdecken, in denen ich kreativ sein konnte. Als ich mein erstes Haus eingerichtet habe, suchte ich nach Möglichkeiten, meine Herkunft und Geschichte in der Gestaltung meiner Einrichtung zu spiegeln. So entstand die Idee zu Dar Leone.

Du hast deine Marke 2014 als Online Shop gegründet. Mittlerweile gibt es deine Designs auch im Premium-Kaufhaus Liberty und im Tate Shop – das ist ein wirklich außergewöhnlicher Erfolg! Würdest du eher sagen, dass du TROTZ deines späten Starts in der Designbranche so erfolgreich bist, oder vielleicht gerade DESWEGEN?

Für mich war ein später Start die einzige Möglichkeit. Wie ich schon sagte: Design ist etwas, das ich als junge Frau nie beruflich vor hatte. Ich weiß, manche haben diesen Drang, kreativ zu sein, und sie legen früh los, um ihren Traum wahr zu machen. Aber ich mag die Tatsache, dass das in meinem Fall später kam. Und für manche kann das sogar noch später kommen. Ich denke, dass wir oft gehemmt sind – oder uns selbst hemmen – diese Möglichkeiten zu erkunden, weil wir den Faktor Zeit so überbewerten. Ich war fast vierzig als ich mit Dar Leone begann und ich bin sehr glücklich, dass ich mich dadurch nicht davon abbringen ließ.

"Ich war fast vierzig als ich mit Dar Leone begann und ich bin sehr glücklich, dass ich mich dadurch nicht davon abbringen ließ."

Bestimmt hat dir deine Karriere als Rechtsanwältin und die Erfahrungen, die du dadurch sammeln konntest, auch geholfen, als du den Weg einer kreativen Karriere eingeschlagen hast?

Da würde ich auf jeden Fall zustimmen. Jura und eine Karriere als Rechtsanwältin bereitet dich auf eine Vielzahl von Berufswegen vor. Du lernst logisch zu denken und Probleme zu lösen. Wenn du dank deiner vorherigen Ausbildung Hindernisse überwinden und Problemlösungen erarbeiten kannst, dann ist das sehr hilfreich. Ich war erwachsener und reifer und daher war es gut, dass Dar Leone eher später kam.

Kurz nachdem du deinen Onlineshop gestartet hast, hattest du einen Pop-up Laden und 2015 hast du deinen ersten “richtigen”, also ständigen, Laden eröffnet. Wie wichtig findest du die Sichtbarkeit deiner Marke durch ein tatsächliches Schaufenster eines Ladens vor Ort?

Tatsächlich finde ich es phänomenal wichtig. Ich denke, das wäre richtig schwierig, ohne einen Laden vor Ort auszukommen. Denn wenn der Kunde ein Produkt in die Hand nimmt, es anfasst und sich vorstellt, wie er es trägt oder bei sich zu Hause hat – dann kannst du beobachten, wie es Klick macht: Der Moment, in dem der Kunde denkt ‘Das nehme ich heute mit nach Hause‘. Und ich denke, es ist sehr schwer für eine Marke eine Bindung zum Kunden zu schaffen, ohne diese unmittelbare Beziehung mit dem Produkt zu ermöglichen.

Wie sieht`s mit der Interaktion zwischen deinen Kunden und dir aus – also dir, als der Designer, der persönlich im Laden ansprechbar ist?

Es ist wirklich ein Vergnügen, Leute zu treffen, die in den Laden kommen und sich nach der Geschichte hinter dem Design erkundigen. Manchmal kommen sie herein, ohne so richtig zu wissen, was sie hergeführt hat. Wenn sie aber dann davon hören, dass Sierra Leone die Inspiration der Marke ist, dass ich in Freetown aufgewachsen bin – und manchmal erzähle ich dazu die Geschichten der sehr alten Westafrikanischen Muster – all das lädt natürlich zum Kaufen ein.

DIE große Inspiration für deine Marke sind deine Kindheitserinnerungen von Sierra Leone, wo du bis zu deinem 15. Lebensjahr gewohnt hast. Ist das „Übersetzen“ deiner Erinnerungen in Designs etwas, das dir ganz selbstverständlich liegt oder ist es eine Fähigkeit, die du erst lernen musstest?

Es war ein Prozess. Zumal ich auch nicht zeichne. Ich musste mich also nach einer Illustratorin umsehen und manchmal gibt es einfach glückliche Umstände: Ich bin zufällig auf eine gute Illustratorin gestoßen und begann mit ihr zusammen zu arbeiten. All die Ideen meiner Fantasie – sie konnte sie auf Papier umsetzen. Das war der erste Schritt. Oft schaue ich alte Vintage-Textilien aus Sierra Leone, Ghana oder aus Nigeria an, oder ich sehe eine Kunstausstellung und das löst etwas in mir aus. Außerdem habe ich lebhafte Erinnerungen an meine Großmutter, wie sie sich kleidete und die Farben, die sie zum natürlichen Färben ihrer Kleider gebrauchte.

"Es ist alles da draußen! Du musst manchmal nur deinen Fokus finden und nach Antworten forschen."

Wie ging es dir mit all den anderen Dingen, die du dir als Quereinsteiger aneignen musstest?

Was ich jetzt weiß, ist: du machst auf deinem Weg viele Fehler und manche können teuer sein. Zum Beispiel lässt du Prototypen produzieren und nicht immer kommen sie so raus, wie du dir das gewünscht hättest. Und du arbeitest mit Zulieferern zusammen, die traditionell mit Designern im Geschäft sind, die eine entsprechende Ausbildung oder Studium hinter sich haben und die die Fachsprache beherrschen – sie wissen genau, wie die Prozesse zu beschreiben sind, die sie möchten. Das musste ich mir erst beibringen und habe währenddessen aus vielen Fehlern gelernt. Es war kein Erfolg über Nacht, sondern es waren Jahre des hartnäckigen Ausprobierens und ein Lernprozess.

Was hat dir am meisten auf deinem Weg zur erfolgreichen Geschäftsinhaberin geholfen? Was waren deine persönlichen Schlüssel zum Erfolg?

Es war gut, dass ich die Möglichkeit hatte, einen Mentor zu haben. Einen Business Mentor, der bereits das Gleiche durchlebt hat und der mehr Erfahrung hatte als ich. Das Alter ist dabei kein entscheidender Faktor, sondern die Erfahrung und die Fähigkeit zu führen. Denn da waren Dinge, von denen ich keine Ahnung hatte. Messen zum Beispiel: Vor Dar Leone wusste ich nichts darüber – wie viel sowas kostet, was man beim Messeauftritt zu beachten ist, beim Aufbau und Abbau, oder beim Aufeinandertreffen mit Kunden und mit anderen Händlern,… Das ist fantastisch und einen Mentor zu haben - jemand der bereit ist, dich zu beraten – ist sehr gut. Ich habe auch viel selbst recherchiert und ich kann es gar nicht genug empfehlen. Es ist alles da draußen! Du musst manchmal nur deinen Fokus finden und nach Antworten forschen.

Mehr über Dar Leone findest du hier:  www.dar-leone.com

Ihr Instagram Account ist @darleonelondon

Über die Autorin: www.business-fotografin.com

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