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Business Insights

Fashion Storytelling

Wie erzählende Bilder einer Marke ihren Charakter geben

In letzter Zeit wird viel darüber gesprochen, wie die Zukunft der Mode aussieht und wie Mode-Unternehmen überleben können. Vor ein paar Monaten hatte ich ein interessantes Interview mit Prof. Dr. Jochen Strähle, Dekan der Fakultät Textil und Design an der Hochschule Reutlingen. Er sagt: 

„80 Millionen Menschen werden immer etwas zum Anziehen brauchen und es wird immer Bedarf nach persönlichem Ausdruck geben. Ständiger Umbruch ist Kennzeichen der Modeindustrie und darin sehen viele die Kreativität. Wenn Neues als Krise verstanden wird, dann ist die Textilindustrie seit hundert Jahren in der Krise.“

"Es wird immer Bedarf nach persönlichem Ausdruck geben."

Was mir dabei aufgefallen ist: Er hat sofort auf den persönlichen Ausdruck verwiesen. Und schließlich geht es ja in der Mode genau darum. Darin liegt die Chance für jeden Designer und jede Marke.

Beispiel Michael Kors: Ich persönlich würde meine Sachen lieber in meine Jackentaschen stopfen, als eine Tasche mit dem MK-Label zu tragen. Aber andere sind ganz verrückt nach diesen Taschen. An Black Friday sind vor dem Michael Kors Outlet regelmäßig lange Schlangen – bis weit vor dem Ladeneingang. Tatsächlich hat Michael Kors meist die längste Schlange von allen Outlets.

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Nicht Everybody`s Darling

Und hier ist der Trick: Die Marke ist polarisierend. Manche lieben sie und manche hassen sie. So wenig ich MK mag, sie machen etwas richtig: Sie sind nicht „Everybody`s Darling“. Sie versuchen nicht, allen zu gefallen. Sie bemühen sich nicht darum, irgendwo in der Mitte zu schwimmen, um so vielen wie möglich gerecht zu werden. Sondern sie haben eine klare Position und stehen für etwas Bestimmtes.

Wenn ich an Michael Kors denke, dann habe ich sofort eine Szene, einen kleinen Film, vor Augen: eine gestylte, posh aussehende Frau mit viel Make-up und Glamour. Sie feiert mit anderen schicken Leuten in modernen Locations, vor denen teure Autos geparkt sind. Wenn ich an die Marke Patagonia denke, stelle ich mir ein gutaussehendes junges Mädchen vor, ohne Makeup und mit unordentlichen Haaren. Sie sitzt lachend mit ihren Freunden vor einer Holzhütte und genießt Kaffee und Sonnenaufgang. Wenn ich von einem Leben als coole, elegante, erfolgreich aussehende Geschäftsfrau träumen würde, die von einem wichtigen Meeting zur nächsten noch wichtigeren Konferenz wandelt, dann würde es mich zu Hugo Boss ziehen.

Persönlich mag ich Vintage, weil ich es mit Coolness, Lässigkeit, Stadtleben und gutem Style verbinde. Mit Flohmarktbesuchen, zu Ausstellungen mit freiem Eintritt gehen, billigen Cafés und von Freiberufler-Jobs leben. Nicht, dass ich all das unbedingt habe, aber ich hätte es gern. Und es passt zu der Geschichte, die ich gern über mich erzählen will. Daher habe ich gern Vintage an.

Mode-Fotografie erzählt eine Geschichte und erzeugt ein Bild und das Gefühl einer Marke.
Storytelling und Identität

Natürlich sind das alles Stereotypen und die Geschichte unseres Lebens hat viel mehr Facetten. Aber solche Bilder geben einer Marke ihren Charakter. Das ist etwas, mit dem sich Leute identifizieren können – oder eben nicht. Mode ist nicht nur Kleidung, sondern eine Möglichkeit sich auszudrücken und abzugrenzen.

Es geht immer ums Storytelling. Deswegen ist Modefotografie so wichtig. Sie erzählt eine Geschichte und sie formt ein klares Bild und Gefühl einer Marke.  Bewusst oder unbewusst wollen wir unsere Geschichte erzählen und wählen, welche Geschichten zu unseren eigenen passen und von welchen Träumen wir Teil sein wollen.

Welche Mode oder welche Marken ziehst du gern an und warum? Kaufst du manchmal Kleidungsstücke, nur weil sie dich an eine bestimmte Szene oder ein Image oder einen Traum, wie du gern sein möchtest, erinnern?

Über die Autorin: www.business-fotografin.com

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